Samstag, 21. Mai 2005

Rohlmann, Rudi 1928-2004

Rudi Rohlmann
1928-2004

Geboren am 15. Mai 1928 in Rheine (Westfalen);
Volksschule, Handelsschule, Verwaltungslehre, Akademie der Arbeit in Frankfurt am Main. 1950 bis 1966 tätig im Fernlehrinstitut des Deutschen Gewerkschaftsbundes (1958 stellv., 1964 bis 1967 Institutsleiter). 1961 Prüfung für die Zulassung zum Hochschulstudium, dann Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. 1966 Examen Dipl.-Handelslehrer. Mitglied im Hessischen Landtag 1958 bis 1962 und 1965 bis 1982.
1967 bis 1970 Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag und stellv. Vorsitzender der SPD-Fraktion.
1968 bis 1971 Geschäftsführender Vorsitzender des Hessischen Landesverbandes für Erwachsenenbildung; 1971 bis 1981 Verbandsvorsitzender des Hessischen Volkshochschulverbandes.
1970 bis 1980 Vorsitzender im Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks. 1979 bis 1985 Geschäftsführender Vorsitzender des Deutschen Volkshochschul-Verbandes; seit 1984 Sachverständiger im Landeskuratorium für Erwachsenenbildung in Hessen. 1973 bis 1993 Redakteur der Hessischen Blätter für Volksbildung.
1987 Promotion zum Dr. phil. an der Philosophischen Fakultät der Johann Wolfgang Goethe Universität, Frankfurt am Main.
1987 bis 1993 im Vorstand des DVV. Mitglied im Vorstand des Bundesarbeitskreises „Arbeit und Leben"(DGB/vhs). Lehrbeauftragter der Verwaltungsfachhochschule Wiesbaden. Mitglied im Vorstand des Hessischen Volkshochschulverbandes.
1991 Veröffentlichung zur Geschichte der hessischen Erwachsenenbildung von 1945-1989.
1998 Veröffentlichung der Autobiographie: „Rückblick auf meine sieben Lebensjahrzehnte – Rekonstruktionen der Wegmarken meines Lebens"

Mockrauer, Franz 1889-1962

Franz Mockrauer
1889-1962

„M. ist am 10. August 1889 als Sohn eines jüdischen Bankiers in Berlin geboren. Er besucht das Kaiser-Wilhelm-Gymnasium in Charlottenburg, macht dort 1908 sein Abitur und nimmt dann ein Studium der klassischen Philologie, Philosophie, Psychologie und Pädagogik an den Universitäten Freiburg, Kiel und Berlin auf, das er 1914 mit einer Promotion über Schopenhauer abschließt. Den 1. Weltkrieg macht er als Freiwilliger im Sanitätsdienst mit. 1918 übersiedelt er nach Dresden, arbeitet dort seit 1919 als Dozent an der Volkshochschule und wird von 1923-1933 ihr Leiter (Nachfolger von Fritz Kaphan).

1927 ist M. zusammen mit R. Buchwald, Th. Bäuerle u. a. maßgeblich an der Gründung des 'Reichsverbandes der Deutschen Volkshochschulen' beteiligt; er engagiert sich neben Buchwald in der Vorstandsarbeit (2. Vorsitzender) und hat 1931 bei einer gemeinsamen Arbeitstagung der 'Deutschen Schule für Volksforschung und Erwachsenenbildung' und des 'Reichsverbandes der Deutschen Volkshochschulen' in Prerow starken Anteil an der Formulierung der 'Prerower Formel'. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten emigriert M. zunächst nach Dänemark, wo er an verschiedenen Heimvolkshochschulen des Landes als Dozent lehrt, und dann im Frühjahr 1937 nach Schweden, wo er ebenfalls in der Erwachsenenbildung eine Tätigkeit findet. Er gehört dort dem 'Arbeitskreis demokratischer Deutscher' unter -+ Willy Strzelewicz sowie dem 'Sonntagskreis', einem philosophischen Diskussionszirkel in Stockholm um den Soziologen Walter A. Berendsohn, an und er arbeitet eng zusammen mit dem 'Samarbetskommitten för demokratiskt uppbyggnatsarbete' (SDU), einem Komitee für den demokratischen Wiederaufbau Deutschlands. Nach Kriegsende nimmt M. 1946 im Auftrage des SDU am Wiederaufbau der Erwachsenenbildung in der Britischen Zone teil und kommt auch danach mehrfach als Vortragsredner nach Deutschland. Seinen Wohnsitz behält er in Stockholm, wo er am 7. Juli 1962 stirbt.

M.s Bedeutung für die Entwicklung der Erwachsenenbildung ist unter zwei Aspekten zu sehen: Zum einen hat sich M. im 'Reichsverband der Deutschen Volkshochschulen' für eine stärkere Institutionalisierung und organisatorische Verbindung vor allem der neutralen Volksbildungsbestrebungen eingesetzt. Eine dauerhafte Wirksamkeit der Erwachsenenbildung, die er durch eine konfessionelle und politische Bildungsarbeit zunehmend gefährdet sieht, ist für ihn grundsätzlich nur innerhalb der bestehenden Ordnung und durch gemeinsame Interessenvertretung gegenüber den Reichsbehörden sowie in Abgrenzung von den weltanschaulichen Einrichtungen garantiert. Zum anderen ist M. nach dem Kriege von Schweden aus am Wiederaufbau der Erwachsenenbildung beteiligt. Durch praktische Lehrtätigkeit, Vorträge und Publikationen hat er am Beispiel seiner Wahlheimat Schweden immer wieder darauf hingewiesen, wie durch die dortige demokratische Verankerung der Erwachsenenbildung eine Wechselwirkung von Bildung und Politik realisiert wird. Er hat damit die kulturpolitische Diskussion im Nachkriegsdeutschland nachhaltig beeinflusst."

G. Wolgast, in: Günther Wolgast, Joachim H. Knoll (Hrsg.), Biographisches Handwörterbuch der Erwachsenenbildung, Stuttgart 1986, S. 279-280

Lotze, Heiner 1900-1958

Heiner Lotze
1900-1958

„L., geboren am 4.12.1900 in Leipzig, beginnt seinen Weg in der 'Neuen Schar', findet 1920 zur Heimvolkshochschule Dreißigacker und kommt über die Tätigkeit als Erziehungshelfer der Fürsorgeanstalt Steinmühle und über eine Nachschulzeit im Landerziehungsheim Haubinda (H. Lietz) zum Studium der Handelswissenschaften nach Frankfurt. Von der Persönlichkeit Eduard Weitschs beeindruckt, wird er 1926 Lehrer an der Heimvolkshochschule Sachsenburg und 1929 Leiter der Volkshochschule Jena, dort zugleich Geschäftsführer des Landesverbandes der Thüringischen Volkshochschulen. 1945 gründet er die Volkshochschule Hannover, die er bis 1950 leitet. Ebenfalls seit 1945 ist er Referent für Erwachsenenbildung im Niedersächsischen Kultusministerium und nimmt diese Aufgabe bis zu seinem Tode am 28.12.1958 wahr. Im November 1946 übernimmt er die Federführung im Fachausschuss der Erwachsenenbildung im Zonenerziehungsrat. 1947-1949 ist er der Herausgeber der Zeitschrift 'Freie Volksbildung' und 'Denkendes Volk' sowie der Schriftenreihe 'Bausteine der Volkshochschulen '.

L. hat versucht, den Geist der Erwachsenenbildung der Weimarer Epoche in der Zeit nach 1945 wieder zu beleben. Von der Jugendbewegung und dem Erlebnisreichtum der Heimvolkshochschule getragen, nahm er nach 1945 eine Schlüsselstellung ein, da er einerseits Initiator der Wiederbegründung der Volkshochschulen war, andererseits aus einem Ministerium heraus wirken konnte, an dessen Spitze mit Adolf Grimme ein Kenner und Befürworter der Erwachsenenbildung stand. L. war Autor der Programmschrift 'Geist und Gestalt der Volkshochschule' (1946). 'Geistige Wanderung', Frage nach dem Lebenssinn, der Selbstverständigung und der Selbstbesinnung waren für ihn die Orientierungsgesichtspunkte. Gedankliche Bewältigung der Welt wurde von ihm als das Eigentliche herausgestellt, hinter dem die Vermittlung handfester Kenntnisse zurücktrat. Methodisch folgte L. dem, was A. Mann und E. Weitsch mit ihrem Eintreten für die Arbeitsgemeinschaft und das Rundgespräch in den 20er Jahren intendiert hatten. Zugleich aber plädierte er für die Volkshochschule als eine 'öffentliche Schule', die hauptberuflich geleitet und kommunal unterstützt werden sollte. Bis zur Währungsreform ist L. auch über die Britische Zone hinaus durch Veröffentlichungen und Zeitschriften dafür eingetreten, der Erwachsenenbildung breite Resonanz zu verschaffen. Nach der Währungsreform konzentrierte sich seine Energie auf die Förderungspolitik in Niedersachsen. Hier zeigt er sich als der konsequenteste Verfechter des Heimvolkshochschulgedankens (Gründung der Goehrde schon 1945, die von Hustedt 1948). Auch die Gründung von 'Arbeit und Leben' als Arbeitsgemeinschaft von Volkshochschule und Gewerkschaftsbund steht im Zusammenhang seiner Politik; ferner geht auf sein Bemühen zurück, dass sich zuerst in Niedersachsen eine Landesarbeitsgemeinschaft für ländliche Erwachsenenbildung etabliert.

Schließlich bereitete er auch die Einrichtung eines Sekretariats für Seminarkurse an der Universität Göttingen als Keimzelle für die sehr viel späteren Kontakt- und Zentralstellen für wissenschaftliche Weiterbildung an den Hochschulen vor. Alle diese Aktivitäten verstand L. als Versuch, etwas von den Vorstellungen der 20-er Jahre über eine gesellschaftsbezogene Allgemeinbildung zu erhalten und weiterzuentwickeln. Das hinderte ihn nicht an einem realistischen Blick auf die Notwendigkeit konkreter Lebenshilfe, die nach 1948 das Angebot der Volkshochschulen bestimmte. Er hat sie im Rahmen des in den 50er Jahren finanziell Möglichen deutlicher gefördert, als es damals in den meisten Bundesländern geschah.

H. Tietgens, in: Günther Wolgast, Joachim H. Knoll (Hrsg.), Biographisches Handwörterbuch der Erwachsenenbildung, Stuttgart 1986, S. 245-246

Laack, Fritz 1900-1990

Fritz Laack
1900-1990

„L., in Berlin am 1. September 1900 geboren, studiert nach dem Abitur am Berliner Gymnasium 'Zum grauen Kloster' zunächst in Berlin, dann in Freiburg i. Br. und schließlich wieder in Berlin Rechts- und Staatswissenschaften. 1924 beschließt er sein Studium mit einer Dissertation über die Theaterwirtschaft.

Von 1925-1927 ist L. als hauptamtlicher Lehrer an der Heimvolkshochschule Rendsburg tätig, an der er nach seiner Berufung 1927 zum Geschäftsführer der 'Deutschen Schule für Volksforschung und Erwachsenenbildung' in Berlin auch weiterhin noch nebenamtlich mitarbeitet. Sein neues Tätigkeitsgebiet in Berlin umfasst Forschungs- und Lehraufgaben der Volksbildung. Bis 1933 wirkt L. an der 'Deutschen Schule', die als eine Einrichtung des Hohenrodter Bundes u. a. die Aus- und Weiterbildung der Volksbildner betreiben soll. Seine Tätigkeit wird durch die Nationalsozialisten beendet, die die Schule wegen 'Staatsfeindlichkeit' schließen. L. muss auch die Redaktion der Zeitschrift 'Freie Volksbildung', die er zusammen mit Eduard Weitsch als zentrales Organ für die Erwachsenenbildung herausgegeben hat, aufgeben. Aus Sicherheitsgründen geht er zunächst ins Ausland, kommt aber schon bald nach Deutschland zurück und verdient sich in der Folgezeit seinen Lebensunterhalt in Sozial- und Verwaltungsabteilungen der chemischen Industrie.

Im Herbst 1947 kehrt er nach Rendsburg zurück und baut die 1933 geschlossene Heimvolkshochschule wieder auf. 1951 wird er als Leiter der Abteilung 'Kultur, Erwachsenenbildung, Jugend und Sport' in das Kultusministerium des Landes Schleswig-Holstein berufen. Zu seinen Aufgaben zählen die Kultur- und Kunstpflege, das Rundfunkwesen, die Erwachsenenbildung, Jugendpflege und Sport sowie die Vertretung des Landes Schleswig-Holstein im Kunstausschuss der Kultusministerkonferenz. Außerdem leitet er von 1954-1956 die Filmbewertungsstelle der Länder in Wiesbaden. 1965 wird er als Ministerialrat pensioniert. Er verlegt seinen Wohnsitz zunächst für einige Jahre nach Wiesbaden und zieht dann zu seinen Kindern um nach Mülheim an der Ruhr.

L. hat schon in jungen Jahren die Praxis der Erwachsenenbildung in ihrer dichtesten Möglichkeit einer Heimvolkshochschule kennen gelernt; er hat dann in seiner Funktion als Geschäftsführer der 'Deutschen Schule' die Arbeit des 'Hohenrodter Bundes' organisatorisch, konzeptionell und wissenschaftlich begleitet. Seine Tätigkeit in Rendsburg nach dem 2. Weltkrieg ist beispielgebend; als Ministerialbeamter hat er aus der Fülle seiner praktischen Erfahrungen vor allem die Entscheidungen der Kultusministerkonferenz zur Erwachsenenbildung wesentlich beeinflusst.

L. hat seine eigene Arbeit immer kritisch kommentiert, besonders aber an historischen Beispielen dargestellt und gemessen. So entsteht sein Buch 'Auftakt freier Erwachsenenbildung', das einen frühen Versuch politischer Bildungsarbeit in Rendsburg 1842-1850 beschreibt; so bringt er seine Erfahrungen mit der Heimvolkshochschule in das Buch 'Heimvolkshochschulen in der Bildungsgesellschaft' ein. Vor seinen Kenntnissen der europäischen Erwachsenenbildung prüft er die amerikanische Situation des Bildungswesens und fasst schließlich seine Hohenrodter Erfahrungen in dem Buch 'Zwischenspiel freier Erwachsenenbildung' zusammen."

K. Meissner, in: Günther Wolgast, Joachim H. Knoll (Hrsg.), Biographisches Handwörterbuch der Erwachsenenbildung, Stuttgart 1986, S. 213

Horn-Staiger, Ingeborg 1928-1997

Ingeborg Horn-Staiger
1928 - 1997

„Am 23. März 1997 verstarb unsere Redaktionskollegin Dr. Ingeborg Horn-Staiger in Darmstadt. Sie wurde 1928 in Königsberg geboren, machte 1946 das Abitur in Jena und studierte hier an der Friedricht-Schiller-Universität Geschichte, Deutsch, Philosophie und Pädagogik. 1952 mit einer historiographischen Dissertation zum Dr. phil. promoviert. Der Friedrich-Schiller-Universität in Jena blieb sie verbunden als studentische Hilfskraft und später wissenschaftliche Assistentin mit Lehrauftrag bei ihrem Lehrer Prof. Dr. Karl Griewank, dessen letztes Manuskript sie nach seinem Freitod herausgab (Weimer 1955, Der neuzeitliche Revolutionsbegriff, Suhrkamp, Frankfurt/M. 1969). Nach ihrer Flucht aus der damaligen DDR war sie seit 1956 in Göttingen und seit 1959 in Kassel in der Erwachsenenbildung tätig.

Im Jahr 1964 nahm Ingeborg Horn-Staiger ihre hauptberufliche Tätigkeit an der Volkshochschule der Stadt Darmstadt auf. Den Aufbau und Ausbau dieses Instituts, das sie von 1972 bis 1990 leitete, hat sie in ihrem Buch ‚35 Jahre Volkshochschule der Stadt Darmstadt’ beschrieben, das 1981 erschienen ist. Ihre letzte Edition zur Geschichte der Volkshochschule in Darmstat aus dem Jahre 1994 hat – in Anlehnung an das Manuskript des Journalisten Klaus-Peter Reiß – den Titel ‚Erwachsenenbildung in Darmstadt als Element der Stadtkultur’ ...

Doch weit über Darmstadt hinaus hat ihr ehrenamtliches Engagement in vielen Bereichen der Erwachsenenbildung eine durch hohe andragogische Fachkompetenz ausgezeichnete bereichernde Wirkung entfaltet. Von 1968 bis 1992 war sie, mit einer Unterbrechung in den Jahren 1981-1986, Mitglied des Vorstands des Hessischen Volkshochschulverbandes (bzw. bis 1971 des Hessischen Landesverbandes für Erwachsenenbildung). Von diesem Gremium wurde sie 1970 mit dem Vorsitz des Pädagogischen Ausschusses betraut. Unter ihrer Leitung konnte der Ausschuss ‚Neue Grundsätze für die Volkshochschularbeit’ erarbeiten, die zu damaliger Zeit eine Klärung des Selbst- und Aufgabenverständnisses der Volkshochschulen herbeiführten ...

Die unter ihrer Moderation entstandenen pädagogischen Konzeptionen wurden auch in anderen Bundesländern diskutiert und in der Praxis erprobt. Als Mitglied im Pädagogischen Ausschuss des Deutschen Volkshochschul-Verbandes hat sie immer wieder Anregungen für eine zeitgemäße Erwachsenenbildungsarbeit gegeben. Eines der wichtigsten Dokumente, dessen Entstehen sie gefördert, begleitet und mitformuliert hat, war das Papier zur ‚Synthese von allgemeiner, politischer und beruflicher Bildung’, über das sie in der Verbandsversammlung des Hessischen Volkshochschulverbandes 1973 berichtete.

Eines ihrer Hauptanliegen war die Verbindung von praktischer Bildungsarbeit einerseits und wissenschaftlicher Forschung und Lehre anderseits. Sie selbst hat ihren Beitrag dazu geleistet, indem sie während vieler Semester Lehraufträge an der Technischen Hochschule Darmstadt wahrgenommen hat.

Herausgeber und Redaktion der ‚Hessischen Blätter für Volksbildung’ sind dankbar für die Mitarbeit von Ingeborg Horn-Steiger in der Redaktionskonferenz, der sie von 1968 bis zu ihrem Tode angehörte. Auch diese Mitgliedschaft ist ein Ehrenamt und daneben eine Aufgabe, die viel Mühe erfordert.

Eine große Anzahl der Vierteljahreshefte hat sie mit eigenen Schwerpunktthemen selbst redigiert. Ihre hohe Kompetenz als Historikerin kommt nicht nur in den vielen Buchbesprechungen zum Ausdruck; sie zeigte sich auch in den von ihr betreuten Themen wie ‚Die Identität der Deutschen in Ost und West’ (4/1989), ‚Einheit und Vielfalt – zur Weiterbildung in den neuen Bundesländern’ (3/1993) und schließlich ‚50 Jahre Hessischer Volkshochschuleverband’ (2/1996)."

Auszug aus einem Nachruf. In: Hessische Blätter für Volksbildung 2/1997, S. 180-181

Hartmann, Jean

Jean Hartmann

„Als zur Vorstandssitzung des Deutschen Volkshochschul-Verbandes am 8.3.1991 die Nachricht gelangte, dass 2 Tage vorher Jean Hartmann gestorben sei, gab es nur 2 Anwesende, die sich seiner noch durch direkte Kontakte erinnern konnten. Daran macht sich der schnelle Generationswechsel ebenso bemerkbar wie die länger werdende Lebenszeit von Pensionären. Immerhin war Jean Hartmann in den ersten zehn Jahren des DVV von 1953-1963 Mitglied seines Vorstandes und bis 1965 beim Berliner Senat zuständig für die Erwachsenenbildung. Von dieser wurde zu seiner Zeit noch wenig Aufgebens in der Öffentlichkeit gemacht. Umso wichtiger war ein Wirken in der Stille. Soweit es von Jean Hartmann ausging, ist es nicht zuletzt der Anfangsentwicklung der Pädagogischen Arbeitsstelle zugute gekommen. Seine Genauigkeit kam nicht nur der Verwaltungsarbeit zu statten. Seine Liebe zum Detail kennzeichnete vielmehr auch seine Beiträge zur Diskussion des Aufgabenverständnisses von Erwachsenenbildung. Sie fand ihren Niederschlag in eigenen Aufsätzen und kritischen Kommentaren ebenso wie sie in der Sorgfalt zum Ausdruck kam, mit der Jean Hartmann die ‚Berliner Arbeitsblätter für Volkshochschule’ als Herausgeber geplant und redigiert hat. In den Jahren 1955-1963 galt diese Zeitschrift als Ort der Reflexion, mit der einer Wissenschaft von der Erwachsenenbildung vorgearbeitet werden konnte.

Vor allem aber hatte Jean Hartmann damit in den 50er Jahren den Blick für die Debatten im internationalen Raum geöffnet. Das wird an einer Sammlung seiner Aufsätze besonders deutlich, die 1964 im Carl Heymanns-Verlag erschienen ist.

Der Titel ‚Der vergessene Schlussstein’ signalisiert den Stellenwert, den Jean Hartmann der Erwachsenenbildung im Prozess der Menschenbildung beigemessen hat. Dabei finden sich schon in früher Zeit bei ihm Gedanken, die noch heute als allgemein akzeptierte Basis des Selbstverständnissen der Volkshochschulen gelten. So ist da von Erfahrungsbezug die Rede und vom Wert der Kleingruppenarbeit, von der Bedeutung des Zusammenhangs zwischen Sprache und Denken sowie der Arbeit mit dem Buch und von der Notwendigkeit eines Erwachsenenbildungsdiploms im Interesse der Professionalität, die sich in der Fähigkeit zur didaktischen Reduktion bewähren sollte. Jedoch haben wir allen Anlass uns der Mahnung von Jean Hartmann zu erinnern, dass ‚zahlreiche Diskussionen der Gegenwart nur unzulänglich verstanden werden können, wenn man nicht ihren geschichtlichen Ursprung kennt’."

H. Tietgens, in: Hessische Blätter für Volksbildung 2/1991, S. 184-185

Becker, Hellmut 1913-1994

Hellmut Becker
1913-1994

„Als Sohn des Islamforschers und späteren preußischen Staatssekretärs und Kultusministers C. H. Becker am 17.5.1913 in Hamburg geboren. Rechtsanwalt mit Schwerpunkt in der Rechtsberatung für Bildungs- und Forschungsinstitutionen. 1956 zum Präsidenten des Deutschen Volkshochschulverbandes (DVV) gewählt, 1962 Direktor des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin, zugleich Honorarprofessor für Soziologie des Bildungswesens an der Freien Universität. Mitglied und stellvertretender Vorsitzender der Bildungskommission des Deutschen Bildungsrates. Nach dem Ausscheiden als Präsident des DVV, 1974 Vorsitzender des Kuratoriums der Pädagogischen Arbeitsstelle des DVV. Bis über das 70. Lebensjahr hinaus weiterhin in zahlreichen Beratungsgremien wissenschaftlicher und kultureller Institutionen tätig, so z. B. für die Landerziehungsheime, das Goethe-Institut, verschiedene Stiftungen oder das International Institute for Educational Planning der UNESCO in Paris.

B. hat durch die Überzeugungskraft seiner Argumentation wesentlich dazu beigetragen, dass Erwachsenenbildung zu einem Thema der öffentlichen Diskussion geworden ist. Auf seine Anregung hin hat der Deutsche Ausschuss für das Erziehungs- und Bildungswesen Erwachsenenbildung in seine Gutachtenreihe aufgenommen. Im Zusammenhang mit diesem Gutachten hat B. den Disput um das Verhältnis von freier und gebundener Erwachsenenbildung in klärende Bahnen gelenkt, ohne die verbindende Funktion der Volkshochschulen zu verleugnen, die als eine Einrichtung der Erwachsenenbildung 'nicht Funktion von Verkündung, nicht Funktion von Interessen und nicht Funktion von Produktion' ist, den Pluralismus in sich selbst verwirklichen muss. Mitte der 60er Jahre veranlasste B. den DVV, die Wandlung des Aufgabenverständnisses, die sich mit der 'realistischen Wende' vollzogen hatte, in einer Programmschrift zu dokumentieren. Durch seine Mitwirkung im Bildungsrat trug er entscheidend dazu bei, dass in dessen 'Strukturplan' Weiterbildung als gleichberechtigter quartärer Bildungsbereich anerkannt und eine Balance von Qualifikationslernen und Identitätslernen konzipiert wurde. Ein Bausteinsystem sollte zudem Kooperation und Transparenz gewährleisten. Zu allen Zeiten war B. darauf bedacht, die bundesrepublikanische Erwachsenenbildung für internationale Entwicklungen zu öffnen. Offenheit für das Innovative und traditionelles Kulturbewusstsein wusste er miteinander zu verbinden. Planung und Spontaneität waren für ihn kein Widerspruch. Sein treffsicherer Problemzugriff hat immer wieder erhellend und motivierend gewirkt. Er trat nachhaltig dafür ein, dass die 'Freiheit als geistige Entwicklung ... vom einzelnen vollzogen' werden muss, dass sie aber auch der materiellen Stütze bedarf.

Am Anfang seiner zahlreichen Reden zur Erwachsenenbildung stand, dass 'die Aufgabe der Erwachsenenbildung ... die Beantwortung der Not der Menschen in der modernen Gesellschaft' ist. 25 Jahre später auf dem Volkshochschultag 1981 konzentrierte sich für ihn die Reihe der Nöte, deren Überwindung er 1956 als Hauptaufgabe der Erwachsenenbildung begründet hatte, auf die Varianten der Dialektik, mit denen Menschen sich in der gegenwärtigen Situation auseinandersetzen müssen. 'Weiterbildung hat daher die doppelte Aufgabe, aufzuklären und mit den Folgen der Aufklärung fertig zu werden'."

H. Tietgens, in: Günther Wolgast, Joachim H. Knoll (Hrsg.), Biographisches Handwörterbuch der Erwachsenenbildung, Stuttgart 1986, S. 42-43

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